Manche mögens heiß
Der Vienna City Marathon (VCM) 2003
zurück
Der Lauf-Boom der letzten Jahre hat die Zahl der Marathons und ihrer
Teilnehmer kräftig ansteigen lassen. Für viele Städte ist
der Marathon mittlerweile zur Prestige-Veranstaltung geworden und schiere
Größe erscheint gemeinhin als dominierendes Qualitäts-Merkmal.
Auch der Vienna City Marathon (VCM) hat es als größte Laufveranstaltung
Österreichs mittlerweile auf Teilnehmerzahlen jenseits der 10.000
gebracht (2003: 10.503, mit Zusatzveranstaltungen: ca. 24.000) und kann
eine besonders hohe Internationalität seiner Teilnehmer (2003: aus
75 Nationen) verweisen; mit Stolz verweisen die Veranstalter darauf, damit
in Europa die Nr. 7 und weltweit die Nr. 14 zu sein. Trotz dieser Zahlen
und immerhin 20-jähriger Tradition hat sich der Lauf -gemessen am
Renomee -jedoch (noch) nicht in die Riege der ganz großen Läufe
Europas einreihen können auch wenn dies die Wiener naturgemäß
anders sehen dürften. Dazu trägt wohl auch der vorauseilende
Ruf bisweilen tropischer Wetterverhältnisse Ende Mai und eines lauen
Zuschauerinteresses bei. Andererseits können nur wenige Marathons
eine vergleichsweise imposante Stadtkulisse, und das zentral mitten im
Herzen Europas, bieten.
Für mich war Letzteres Grund und Anreiz genug, Wien anlässlich
des 20. Marathon-Jubiläums auf diesem Wege zu erkunden. Mit meinem
folgenden Bericht gebe ich meine höchst subjektiven Eindrücke
ergänzt um einige nützliche Zusatzinformationen - an künftige
VCM-Läufer weiter.
Vor dem Start
Die Anmeldung erfolgt unkompliziert schriftlich oder online über
www.vienna-marathon.com. Der Online-Anmelder erhält die Meldebestätigung
auch wiederum nur online. Mit einem Startgeld von 43 bis 50 EUR liegt
der Lauf preislich etwa im Mittelfeld der europäischen Marathons.
Nicht-Österreicher zahlen einen etwas höheren Preis als Österreicher.
Offizieller Meldeschluss ist ein Monat vor dem Start -Nachmeldungen für
saftige 80 EUR sind allerdings noch bei der Startnummernausgabe möglich.
Die an Spätmelder gerichtete -Drohung- mit dem Teilnehmerlimit (12.000)
musste man bislang noch nicht allzu ernst nehmen.
Der Internet-Auftritt ist eine zunehmend wichtige Visitenkarte für
eine Laufveranstaltung. Unter www.vienna-marathon.com
halten die Veranstalter ein breitgefächertes Informationsangebot
rund um den VCM bereit. Hier kann man anschauliche Informationen über
Streckenführung und Höhenprofil ebenso finden wie aufschlussreiche
Statistiken über Teilnehmerzahlen und Wetter. Positiv herauszuheben
ist auch die umfangreiche Hotelliste. In einem ausgesprochen gut organisierten
Diskussionsforum hat man die Möglichkeit, alle sonstigen Dinge, die
einen rund um dem Lauf bewegen, zu erfragen oder auch einfach nur fachzusimpeln.
Manche Info ist allerdings - zumindest für den Einsteiger - etwas
zu gut versteckt: So bedarf das Auffinden der FAQ schon eines gewissen
detektivischen Spürsinns.
Eine Unterkunft zu finden ist letztlich kein großes Problem, auch
wenn es empfehlenswert ist, sich um seine Wunschunterkunft nicht zu spät
zu bemühen. Hilfreich bei der Suche ist die Hotelliste unter o.g.
Internet-Adresse des VCM; Info und Buchung sind auch unter www.wien.info
<http://www.wien.info/> möglich.
Ergänzend folgende Tipps fürdas Budget der Läufer:
- Etap Hotel Wien Sankt Marx, Franzosengraben 25,
www.etaphotel.com , 39 EUR für 1 Pers; zusätzl. je 7 EUR
für 2. und 3. Person
- Camping Wien West, Hüttelbergstr. 80, www.campingwien.at , einfacher
Reihenbungalow bis 2 Pers. 21 EUR/ bis 4 Pers. 31 EUR
- Camping Wien Neue Donau, Am Kleehäufel, keine Bungalows, dafür
verkehrsgünstig nahe dem Marathon-Startplatz gelegen
Die Startunterlagen konnte man in den beiden Tagen vor dem Lauf im Messegelände
(Prater) Halle 16 abholen. Die Abholung war gut organisiert und dank zahlreicher
Abholschalter schnell erledigt. Die gleichzeitig stattfindende Marathon-Messe
bot die Möglichkeit, sich über alle mehr oder weniger wichtigen
Dinge rund ums Laufen informieren und bei Bedarf sein Equipment aufbessern.
Die traditionelle Kaiserschmarrn-Party stieg am Samstag Nachmittag im
Kursalon am Eingang des Stadtparks. Über die Portionsgröße
des Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster konnte man streiten (allzu
viel Hunger durfte man jedenfalls nicht mitbringen) nicht aber über
das einmalige Ambiente des Veranstaltungsortes, einem frisch renovierten
wienerischen Prachtbau. Zu lateinamerikanischen Klängen einer Life-Band,
unterbrochen von Tchibo-gesponsorten Einlagen und Informationen zur Geschichte
des VCM, genoss man vor allem von der Terrasse einen herrlichen Blick
über die Parkanlage.
Der Marathon
Streckenverlauf
Der VCM verläuft auf einem Punkt-zu-Punkt-Kurs, Start- und Zielpunkt
liegen also nicht beieinander. Symptomatisch für den Streckenverlauf
ist, dass er mehrmals in größeren Schleifen vom Zentrum weg-
und wieder dorthin zurückführt - ein vor allem auch zuschauerfreundliches
Konzept, das es ermöglicht, die Läuferkarawane auf dem Altstadtring
drei Mal zu beobachten. Der Kurs ist flach, die maximale Höhendifferenz
von gut 40 Metern kaum zu spüren - am ehesten noch an der Reichsbrücke
kurz nach dem Start, wo es aber noch am wenigsten stört. Enge Kurven,
sieht man von einer einzigen Haarnadelkurve im Prater ab, wurden weitgehend
vermieden, sodass die vollasphaltierte Strecke ohne Kopfsteinpflaster
o.ä. im Prinzip einen gleichmäßigen und schnellen Lauf
ermöglicht; der Streckenrekord steht bei immerhin 2:08:48 Std.. Schatten
gibt es entlang der Strecke mehr als man vielleicht erwarten dürfte;
grün ist es zwar nur teilweise entlang des Altstadtrings, am Donauufer
und im Prater, teilweise kann man aber auch im Schatten der Straßenschluchten
laufen.
Zur Strecke im Einzelnen:
Wie in den Vorjahren startete der VCM 2003 in der breiten Wagramer Straße
im weitläufigen Neubaugebiet des UNO-Viertels östlich der Donau,
einfach erreichbar über die U1, Station -Alte Donau-. Schon kurz
nach dem Start war die die Donau überspannende Reichsbrücke
zu überwinden. Ansatzweise konnte man jenes beeindruckende, werbewirksame
Bild erahnen, das der schier endlose Strom an Läufern beim Queren
der Brücke aus der Vogelperspektive bietet. Vorbei am Praterstern
bei km 4 führte die Strecke gleich mitten ins Herz der Stadt zum
sog. Ersten Bezirk. Entlang des breiten Altstadtrings mit seinen pompösen
Repräsentierbauten, wie etwa der Oper, war bei km 6 die Abzweigung
zur Linken Wienzeile erreicht. Von hier aus ging es nun ca. 5 km zunehmend
monoton gen Südwesten. Der Blick auf Schloss Schönbrunn winkte
als Belohnung und war Signal für den Rückweg Richtung Stadtzentrum,
diesmal über die abwechslungsreiche und teilwei se angenehm abschüssige
Mariahilfer Straße, die größte und längste Einkaufsmeile
Wiens. Kurz nach km 15 war die breite Ringstraße wieder erreicht
und die mitlaufenden 10-Meilen-Läufer durften sich in Richtung des
nahen Heldenplatzes verabschieden. Für die Marathonläufer setzte
sich die Stadtbesichtigung entlang der Ringstraße mit Hofburg, Parlament,
Rathaus und Universität fort. Der Abzweig Liechtensteinerstraße
führte sodann geradewegs nach Norden, bis bei km 18,5 der markante
Turm des Fernwärmewerks das Ende des Nordexkurses anzeigte. Parallel
zum Donaukanal ging es nun erst dies-, dann jenseits des Kanals ein langes
Stück Richtung Südosten. Der km 25 schließlich markierte
den Zugang zum Prater, dem größten Parkgelände der Stadt.
Kurz darauf war die den Prater längs durchschneidende Hauptallee
erreicht. Auf den folgenden 10 km war der Park sternförmig in Form
von Pendelstrecken - zunächst nord-, dann ost- und schließlich
südwärts zu durchqueren. Dadu rch hatte man Gelegenheit, einen
Blick auf die Spitzengruppe ebenso wie auf nachfolgenden Läufergruppen
zu werfen. Höhepunkt des Nordschlenkers war die Umrundung des berühmten
Riesenrads und die Durchquerung des angrenzenden Vergnügungsparks,
Volks- oder Würstlprater genannt. Ansonsten dominierten Ruhe und
Grün die Praterstrecke. Hinter km 36 hieß es Abschied nehmen
vom Park. Die letzten km führten über zum Teil kleinere Sträßchen
geradewegs zum weitläufigen Altstadtring zurück und schließlich
zum großen Finale in die Hofburg.
Organisation
Die Organisation - angefangen von den Vorveranstaltungen bis zur Durchführung
des Laufs selbst war professionell und gab kaum Anlass zu Mäkelei.
Im Laufangebot standen nicht nur der -normale- Marathon, sondern auch
ein Staffel-Marathon (4er-Staffel), der Fernwärmelauf über 10
Meilen (15,8 km), der Coca Cola Fun Run über 6,8 km sowie ein spezieller
Kinderlauf über 2,2 km. Mit Ausnahme des Kinderlaufs erfolgte der
Start für alle Läufer gemeinsam in der Wagramer Straße.
Der Startbereich war in Startblocks unterteilt: Die A-Blocks reihten sich
auf der rechten, die B-Blocks auf der linken Straßenseite aneinander.
Für die Zuordnung des Läufers war die bei der Anmeldung angegebene
Bestzeit 2001/2002 und der jeweils gewählte Lauf maßgebend.
Die Einzel-Marathonläufer wurden auf die Blocks A1 (unter 3 Std.),
A2 (3.00 - 3.29), A3 (3.30 - 4.29) und B4 (über 4.30 und Erstläufer)
verteilt, wobei es nicht geschadet hätte, die A3-Gruppe nochmals
zu splitten. Die Läufer des Staffel-Marathons, des Fernwärmelaufs
und des Fun-Runs fanden sich in den Blocks B1 bis B3 und B5 ein. Der gemeinsame
Start verlief dank Nettozeitmessung per Champion-Chip entspannt und geordnet;
vom Block A3 aus erreichte man die Startlinie -je nach Aufstellungspunkt
- in 2,5 bis 5 Minuten.
Für die Kleiderabgabe wurden bereits bei der Abholung der Startunterlagen
nummerierte Kleiderbeutel ausgegeben. Diese konnte man bei dem für
den jeweiligen Startnummerbereich zuständigen Lastwagenanhänger
im Startbereich abgeben und nach dem Lauf nahe dem Zielbereich am Heldenplatz
wieder abholen. Wartezeiten gab es kaum.
Die Strecke war komplett für Auto- und sonstigen Verkehr gesperrt
und wurde von zahlreichen Ordnern sowie der Polizei überwacht und
gesichert.
Die Zeitmessung mittels Champion-Chip wurde für die Läufer sehr
vorteilhaft eingesetzt. Die seit Startschuss vergangene Bruttozeit wurde
den Läufern alle 5 km sowie nach 21 km und im Ziel gut sichtbar digital
angezeigt. Darüber hinaus wurde die individuelle Zeit jedes Läufers
alle 10 km und nach 21 km erfasst und sofort nach Erfassung ins Internet
eingestellt. Über die Internet-Seite des VCM war damit für jedermann
sogar schon während des Laufs die persönliche Statistik eines
Läufers abrufbar: Die Brutto- und Netto-Gesamtheit, die Halbmarathonzeit
sowie die Dauer jedes 10 km-Abschnitts. Ein toller Service! Damit konnte
man auch gut verschmerzen, dass es keine -Pacer- für bestimmte Zielzeiten
gab. Die Netto-Zeit konnte man sich nach vorheriger Anmeldung über
Internet auch per SMS auf das Handy übermitteln lassen.
Auch die Getränkeversorgung während des Laufs war gut organisiert:
Ab dem Start gab es alle 5 km eine langgezogene Versorgungsstation mit
Wasser sowie - ab km 15- mit Elektrolytgetränken und Bananenstücken.
Ab km 17, 5 waren - zumindest diesmal - alle 5 km zusätzliche Wasserstationen
eingerichtet angesichts der Temperaturen (siehe unten) ein wahrer Segen.
Eigengetränkemixturen konnte man auf gesonderten Tischen an den Versorgungsstellen
deponieren. Für die Schwammfreunde waren Wasserbottiche aufgestellt,
die mancher gar zu einer Volldusche nutzte. Zwischen den Versorgungsstellen
waren eine Reihe zusätzlicher Wasserhähne installiert und aufgedreht,
auf den letzten km konnte man sich sogar durch einen Wassernebel erfrischen
lassen. Verdursten musste also wahrlich niemand. Ein großes Lob
den engagierten Versorgungshelfern! Als kleiner Wunsch bleibt für
mich, die Versorgung im Ziel ein wenig aufzupeppen: Wasser, Cola und Iso,
Bananenstückchen und Orangenscheiben sind zwar besser als nichts,
aber nicht schlecht wäre es , wenn es dem Veranstalter gelänge,
etwa einen Großbäcker als Sponsor aufzutreiben - und neben
Coca Cola vielleicht sogar einen Bierbrauer.
Für Krampfgeschädigte bestand nicht nur im Ziel, sondern bereits
ab km 25 alle 5 km entlang der Strecke die Möglichkeit, sich in einer
der Massagestellen behandeln zu lassen. Zur Abkühlung waren im Ziel
zudem Duschzelte aufgebaut. Sanitäter waren bei Bedarf schnell zur
Stelle.
Der Zieleinlauf auf dem Heldenplatz vor der Hofburg war von Zelten und
Tribünen gesäumt und bot einen würdigen und stimmungsvollen
Rahmen für das Finale eines jeden Einzelnen. Auf dem Parkgelände
rundum herrschte mit Musik und diversen Buden fast schon Volksfeststimmung.
Unmittelbar nach dem Zieleinlauf gab es für jeden Läufer im
Schnellverfahren die Finisher-Medaille. Der große, ausschließlich
den Läufern vorbehaltene Innenhof der Hofburg glich einem Feldlager;
der Boden war übersät mit Hunderten erschöpften Läufer,
die hier die ersehnte Ruhe und Entspannung finden konnten, ehe sie sich
dem Getümmel auf dem Heldenplatz aussetzten.
Zuschauer
Das Publikum stellt für die meisten Läufer einen für die
Wertschätzung und Motivation eines Marathons ganz bedeutsamen Faktor
dar. Wien eilte in dieser Beziehung nicht gerade ein besonders ausgeprägter
Ruf als Zuschauermagnet voraus. Aber hier wurde ich positiv überrascht:
Auch wenn natürlich nicht alle Streckenabschnitte gleichmäßig
stark besetzt waren, so hatten sich doch einige Zigtausend Menschen zum
Anfeuern der Läufer vor allem entlang des Altstadtrings, am Wendepunkt
beim Schloss Schönbrunn, entlang der Mariahilfer Straße, im
Bereich des Praters, an den Staffelübergabepunkten und natürlich
im Ziel eingefunden. Es ist wohl eine Frage der Mentalität, dass
der ganz große kollektive Enthusiasmus seitens der Zuschauer nicht
ganz so oft zu spüren war. Bei vielen Zuschauern merkte man, dass
sie nur nach ihrem Teilnehmer Ausschau hielten. Stimmungsvoll wurde es
aber vor allem da, wo die Mengen sich konzen trierten und wo die Zuschauerreihen
die Laufstrecke zu einem schmalen Streifen einengten und so schon physisch
der Kontakt zu den Läufern besonders intensiv war. An ein paar Stellen
lockerten Musikdarbietungen das Geschehen auf - dies könnte der Veranstalter
sicher noch stärker fördern. Alles in allem empfand ich die
Zuschauerresonanz aber als ausgesprochen erfreulich.
Wetter
Schon die Internet-Statistiken hatten vorgewarnt, dass man in Wien mit
heißen Läufen - wie zuletzt 1999 - rechnen muss, aber gehofft
habe ich wie wohl alle anderen, dass dieser Kelch auch 2003 an mir vorübergeht.
Schon die Wetterprognose 6 Tage vor dem Lauf verhieß aber nichts
Gutes - und leider hatten sich die Wetterfrösche nicht geirrt: Strahlender
Sonnenschein, satte 22 Grad Celsius im Schatten schon am Start und bis
zu knapp 30 Grad im Laufe des Rennens. Meine Bestzeit-Phantasien habe
ich daher ganz schnell begraben und nur noch gehofft, den Hitzelauf einigermaßen
zu überstehen. Von 10.503 gemeldeten Marathon-Läufern wurden
letztlich nur 7.759 in der Ergebnisliste aufgeführt (Zeiten bis 6:30)
- vom Rest dürfte wohl der größte Teil vorzeitig das Handtuch
geworfen haben. 25 wurden - ohne ernsthafte Folgen ins Krankenhaus gefahren
und selbst der Sieger- natürlich ein Kenianer - bli eb deutlich unter
seiner Bestzeit und erklärte später, noch nie ein so heißes
Rennen gelaufen zu sein: Die Hitze forderte Ihren Tribut bei fast allen.
Die Veranstalter werden sich einmal mehr der Diskussion ausgesetzt sehen,
ob der späte Termin im Mai in Wien weiterhin sinnvoll ist. Er wird
abwägen müssen, ob der Vorteil der zeitlichen Distanz zu den
früher stattfindenden anderen großen Frühjahrsmarathons
den Nachteil des Wetterrisikos aufwiegt. Für nicht wenige Läufer
dürften die Temperaturen ein Schockerlebnis gewesen sein und von
künftigen Teilnahmen am VCM abhalten. Auf die Teilnahmezahlen des
VCM 2004 darf man gespannt sein.
Gerechterweise muss ich aber feststellen, dass die Hitze der Stimmung
der Läufer keinen Abbruch tat. Ich denke, für viele wie auch
für mich war dieser Lauf eine Herausforderung der besonderen Art,
deren Bestehen einen - auch ohne Bestzeit- im Ziel mit Stolz erfüllte.
Fazit
Der VCM 2003 - eine wirklich gut organisierte Veranstaltung mit attraktiver
Strecke, bei dem trotz Hitze eine tolle Stimmung herrschte.
Und für Bedenkenträger wegen der Temperaturen: Nach der Wetter-Statistik
(-Hitze-Läufe 2003 -1999 - 1995) wird es im nächsten Jahr mit
Sicherheit wieder kühl!
Klaus Sobirey, München
Mit dem Fahrrad von der Neiße an die Weser
Traumstraße Deutschland
zurück
Der diese Zeilen schreibt ist leidenschaftlicher Fuß- und Radwanderer,
ist Triathlet und natürlich Läufer. Sport wollte er immer schon
ein bißchen als Kunst sehen, weit ab vom puren Leistungsgedanken.
So nahm er eines Tages in kindlicher Inspiration, wie sie Künstlern
eigen sein muß, eine Landkarte und malte hinein, wo er überall
schon gewandert, gelaufen oder geradelt war. Dies ist bald zehn Jahre
her. Eines Tages betrachtete er die Striche auf dieser Landkarte und der
Gedanke vom Netz war geboren, sprich der Zwischenweg wurde zur Idee. Alle
diese Wege sollten sich eines Tages berühren. Einige Jahre hatte
er gehend, laufend und radelnd zu kämpfen, um sich diesen Wunsch
zu erfüllen. Heute hängt diese Landkarte über meinem Bett.
Wenn ich sie betrachte bin ich
froh, ein wenig stolz und sehr dankbar dem Leben gegenüber. Die Striche
erfassen die deutsche Seeküste zwischen Brunsbüttel und Ahlbeck,
ihr nördlichst erreichter Punkt liegt an der deutsch- dänischen
Grenze. Drei Stränge gehen von der See bis an die Alpen, einer entlang
des Rheines, einer durch Mitteldeutschland, einer ziemlich im Osten von
Rügen bis ins Salzkammergut. Im Süden
gehen sie durch viele Teile der Alpen, berühren den Genfer See und
den Lago Maggiore und umschließen den Comer See (südlichster
Punkt ist Como). Was dazwischen ist, ließe sich nur auf vielen Seiten
erzählen. Zum Netz meiner Wege gehören auch die Austragungsstätten
meiner schönsten Läufe und Triathlons. Sie sind für den
Wandersmann, der oft alleine unterwegs ist, Leistungshöhepunkte
und vorallem wunderbare Feste. Inzwischen möchte ich nur noch Marathons
bestreiten an Orten, die zum Netz meiner Wege gehören. Dies mag eine
fast kindliche Prinzipienreiterei sein, aber es ist ein wunderbares Spiel,
an dessen Ende ein sportliches Lebenskunstwerk stehen soll. Es ist wunderbar,
den zum Beispiel Hamburg- Marathon gelaufen zu sein und zugleich mit den
Beinen gespürt und
mit den Augen gesehen zu haben, was zwischen Hamburg und meiner schwäbischen
Heimat liegt. Marathons, die ich in Städten, die ich schon durchradelt
oder durchwandert habe, noch bestreiten könnte gäbe es genug
(Rotterdamm, Köln, Mainz, Bodensee, Würzburg, Heilbronn, Davos,
Zermatt um nur einige zu nennen). łNetz von Wegen hat für mich
bislang bedeutet, dass sich alle Striche auf
meiner Landkarte berühren. Inzwischen ist es so weit, dass ich versuchen
kann, diesem Netz einen Rahmen zu geben. Das erste Teil dieses Rahmens
sollte im Osten entstehen, zwischen Zittau im Dreiländereck Deutschland,
Polen, Tschechien und Ahlbeck auf Usedom, die ich mir beide schon erwandert
hatte. Deshalb saß ich vor einigen Tagen im Zug nach Zittau. Am Nachmittag war als kleiner Prolog noch die Radfahrt zwischen den
beiden prächtigen, einst durch Gewürzhandel reich gewordenen
Städten Zittau und Görlitz möglich. Als es dunkel wurde
suchte ich mir am Ortsrand von Görlitz und konnte schon reichhaltige
Eindrücke vom wildromantischen Tal der Neiße mit dem herrlichen
Franziskanerkloster Mariental nachträumen. Diese Eindrücke sollten
sich in den nächsten Tagen vervielfachen. Die Lausitz der Spreewald
und die Uckermark sind noch heute schön wie das Paradies. Tausend
Orte lagen am Weg, die einen mehrtägigen Aufenthalt lohnen würden,
in dem man sie laufend bis ins Detail erkunden könnte. Ich kann nur
jedem Läufer immer wieder raten ein eventuelles Trainingslager nicht
dauern am Mittelmeer abzuhalten. Unsere Heimat
(nicht nur im Osten aber ganz besonders dort) ist deine Schritte wert,
und so vieles ist dort wieder zu entdecken, was uns leider fremder geworden
ist, als jede Bierkneipe auf Mallorca. Ich fuhr durch schier unendliche
kraftvolle Wälder, so weit, dass mir manchmal fast Bange wurde dabei.
Die Seen in den von der Eiszeit geformten Hügelketten konnte ich
genau wie die Flüßchen, Bäche
und Kanälchen des Spreewaldes nicht zählen. Es ist still und
einsam dort zu dieser Jahreszeit. Manchmal hat es mich richtig gefroren,
was nicht am Wetter lag (in dieser Hinsicht hatte ich riesiges Glück).
Ich hatte Gänsehaut aus Erfurcht vor der ursprünglich schönen
Umgebung.
Ein schwerer Kontrast war Berlin. Ich bin froh, die Fahrt durch den Moloch
unserer Hauptstadt heil überstanden zu haben. Sicher hat Berlin auch
eine nettere Seite, aber in meiner Richtung war nur der brutale Verkehr
und der Mangel an Radwegen. Ich hatte mir lange schon vorgenommen, die
Fahrt durchs Brandenburger Tor ins Netz meiner Wege aufzunehmen. Dies
ist gelungen, womit schon
alles aufgezählt wäre, was mich an Berlin begeistert hat. Solch
ein Eindruck ist immer subjektiv. Vielleicht passt irgendwann der Berlin-Marathon
in meinen Jahresplan. Dann würde mir auch die Hauptstadt ihr wahres
Gesicht zeigen. Die Backsteingotik des Domes von Prenzlau erinnerte mich
daran meiner großen landschaftlichen Liebe, der Ostseeküste
schon recht nahe zu sein. Über
Passewalk, Ückermünde und Anklam gelangte ich am Mittag des
fünften Reisetages mein Ziel Ahlbeck auf Usedom. Ich absolvierte
eine Rundfahrt über die Hügelige, von verschlungenen Buchten
und Binnenseen durchzogene Insel. Den Strand der von einer mächtigen
Hügelkette beschattet wird, hatte ich im Herbst von Zinnowitz zu
den drei Kaiserbädern Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck abgewandert.
Mehr als zwanzig Kilometer findest du dort ununterbrochen feinsten Sandstrand,
der nicht nur im Sommer zum Baden einläd, sondern in Herbst, Winter
und Frühjahr zum Lauftrainingslager. Meinen ersten erfolgreichen
Ironman- Triathlon habe ich ähnlichen Stränden (Zingst und Darß)
vorbereitet. Gleichzeitig ließ ich dabei meinen empfindlichen Bronchien
eine effektive Jodluftkur zukommen. Auch der Boxer Markus Baier war vor
seinem erfolgreichen WM Fight in Zinnowitz. Am Abend in Wolgast war mir
klar, dass es schwierig sein würde, nach
erreichtem Ziel die Radtour fortzusetzen. Eine Alleinfahrt braucht immer
ein Ziel, sonst wird sie psychologisch zum Problem. Aber ich hatte Nahziele.
Die Stränge im Netz meiner Wege wollte ich nochmals durchkreuzen,
damit mein sportliches Lebenskunstwerk noch eleganter aussehen sollte.
Die Strecke Rügen-Salzkammergut durchkreuzte ich unten in der Mecklenburgischen
Seenplatte. Dann fuhr ich hinauf ins märchenhaft schöne Schwerin,
von wo ich vor einigen Jahren erstmals an die Ostsee aufgebrochen war.
Drunten in Lüneburg durchkreuzte ich den Mitteldeutschen Strang meines
Wegnetzes. Ich hatte wundervoll schöne Tage, manchmal ertappte ich
mich bei der Versuchung in einen See zu springen, weil er im feinsten
Badewetterblau leuchtete. Dabei war erst Anfang April. Für Mittwoch
erst hatte der Wetterdienst einen Kälteeinbruch mit Regen und Kraupel
vorhergesagt. Dienstag Abend hatte ich die Lüneburger Heide westwärts
durchquert und wollte somit im Regen die letzten 50 Kilometer von Rotenburg
an der Wümme nach Bremen auch im Regen zurücklegen. Die wundervolle
Hansestadt war ein würdiges Endziel meiner Reise. Zudem gehören
von nun alle Bundesländer zum Netz meiner Wege (Berlin und Bremen
hatten noch gefehlt).
Wenn ich mir die Karte an meiner Wand betrachte setzt sich Deutschland
für mich zu einem immer kompletteren Puzzle an Erinnerungsbildern
zusammen. Es ist noch heute unsagbar schön. Wobei Deutschland hierbei
für mich kein "nationaler" Begriff ist, sondern einfach
eine Kette von Landschaften. Wer mehr über das Netz meiner Wege wissen
will, kann auf der Internetseite
von running-pur unter Buchtipp
nachsehen. |