6-Tagelauf - die neue Herausforderung
Wenn einer eine Reise tut...
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...dann kann er was erzählen, so heißt es in einem alten Sprichwort.
Das gilt zwar bei uns auch, aber für Conny reicht das Erzählen
alleine nicht aus. Sie muss auch was zum Laufen haben. Also ging unsere
Reise nach Kopenhagen und wie soll es anders sein natürlich
zum Laufen. 6-Tage-Lauf heißt die neue Herausforderung und sie findet
in Kopenhagens größtem Erholungspark (nein nicht dem
Tivoli, der ist nur zum Vergnügen da), dem Faelledpark statt.
1,4425 Kilometer hatte Jesper Olsen, Dänischer Weltklasse-100-km-Läufer
(6:58), von seinem Verband in diesem Park abmessen lassen und festgelegt,
dass diese Strecke für 6 Tage das Maß der Dinge für einen
kleinen Haufen Extremläufer werden soll. Jeden Tag wird die Richtung
geändert, die Strecke bleibt aber dieselbe: topfeben, überwiegend
feste rote Sandunterlage mit kleinen Steinchen, gut zu laufen, ca. 20
Prozent asphaltiert. Schatten gibt es wenig. Hin und wieder weht ein leichter
Wind, der wenigstens den Ansatz einer Kühlung vortäuscht. Die
Temperaturen sind so hoch, wie selten in Kopenhagen: sensationelle 30
° im Schatten, aber wie gesagt...
15 Teilnehmer waren ursprünglich vorgesehen, am Start waren es dann
10. Zwei Franzosen, zwei Schweden, drei Dänen, ein Inder, eine Französin
und Conny. Yiannis Kouros hatte Interesse bekundet, die 10.000 Euro Startgeld,
die er erwartete, waren aber etwas zu hoch gegriffen, so dass das Rennen
ohne ihn stattfand. Bei dem Amerikaner und dem Kanadier hatte es Probleme
mit den Flügen gegeben, Martina Hausmann wollte die Zwangspause während
der Nacht nicht zusagen es blieben also zehn Aufrechte, die sich
die Bewunderung und das Kopfschütteln der Tausende, die diesen Park
in unterschiedlicher Form zur Regeneration nutzten, redlich verdienen
sollten.
Zum Start war das Dänische Fernsehen (TV2) und reichlich Presse erschienen.
In der Hauptsache wollten sie natürlich wissen, wie Jesper Olsen
seine Konkurrenz sieht und, immer wieder die gleiche Frage: warum
tut der Mensch so etwas? Dazu noch freiwillig! In dieser Hitze! Hierzu
ein Ausspruch des Inders Arun Bhardwaj, der in Verlauf der sechs Tage
einen neuen Indischen Rekord aufstellen sollte: Der Unterschied
zwischen den Lebenden und den Toten ist, dass sich die Lebenden bewegen
können, die Toten aber nicht. Ich lebe also bleibe ich in
Bewegung!
Die Strecke war jeweils von 8.00 bis 24.00 Uhr geöffnet. In dieser
Zeit mussten die angestrebten Kilometer bewältigt werden. Am Starttag,
Sonntag dem 03. August, ging es um 14.00 Uhr auf die Strecke, der letzte
Tag, Samstag, 09.August endete ebenfalls um 14.00 Uhr. An jedem Tag, auch
am Start- und Schlusstag musste als Mindeststrecke die Marathondistanz
zurückgelegt werden. Als besonderen Ansporn gab es täglich einen
von ASICS gesponserten Preis (Hemd oder Hose) für die Person, die
als erstes die Marathondistanz hinter sich gebracht hatte. Und, auch eine
nette Idee, der Gesamtführende erhielt jeden Tag ein gelbes Shirt,
so dass die Zuschauer im Park sehen konnten, wer denn im Moment an der
Spitze liegt.
Conny begann gewohnt ruhig, die Franzosen Claude Hardel und Jean-Pierre
Guyomarc´h kachelten los, was das Zeug hielt. Recht früh wurden
die Positionen bezogen. Jesper Olsen, der auf den dritten Gesamtrang spekuliert
hatte, fand sich nach dem ersten Tag zu seiner Überraschung hinter
Conny auf dem vierten Platz wieder. Claude belegte den ersten Rang und
sollte ihn bis zum Schluss mit 761,640 km nicht wieder abgeben. Dahinter
hielt Jean-Pierre seine Position (670,763 km). Conny war nicht gewillt,
den dritten Platz (628,930 km) wieder her zu geben und so konzentrierte
sich zum Schluss alles auf die Frage, ob Christine Bodet es schaffen konnte,
ebenfalls an Jesper vorbei zu ziehen. Am Freitagabend, dem vorletzten
Lauftag, lagen beide mit derselben Kilometerleistung von 501,8 km gleichauf.
Der Samstag brachte die Entscheidung um Platz vier zu Gunsten von Jesper.
Mit 549,593 km stellte er einen neuen Dänischen Rekord auf. Christine
musste sich mit 546,707 km nur knapp geschlagen geben.
Die beiden Schweden Andreas Larsson und Mathias Bramstang hatten, da sie
zum ersten Mal (wie Conny auch) einer solchen Herausforderung gegenüber
standen, von Anfang an auf das Erleben des letzten Tages gesetzt
und sich pro Tag bei Kilometerleistungen um die 50 km eingerichtet, sie
erreichten die Ränge 8 + 9. Rasmus Nissen aus Dänemark musste
nach rund 140 km am zweiten Tag einer alten Verletzung Tribut zollen und
Michael Larsen, ebenfalls Dänemark kämpfte wacker und erreichte
trotz Schmerzen in der Muskulatur mit 434 km den 7. Rang.
Conny hatte während der sechs Tage ziemlich alles zu überstehen,
was der Läuferkopf so an Gemeinheiten zu bieten hat. Von: was
mache ich hier eigentlich, hätte ich nur auf dich gehört und
wir hätten einfach nur irgendwo einen Faulenzerurlaub gemacht,
bis den letzten Tag schaffe ich jetzt auch noch und wenn
es sein muss, auf einem Bein!, war die gesamte Bandbreite der Möglichkeiten
vertreten. Schon am ersten Tag forderte die Hitze ihren Tribut. Ist
das schwer ich bin froh, wenn das hier vorbei ist, war noch
die geringste Reaktion. Der Körper brauchte Flüssigkeit, der
Magen wollte sie aber nicht haben. Durchfall und Übelkeit waren die
Strafen des Körpers am zweiten Tag. Es half nichts, der
Magen musste, ob er wollte oder nicht. Alex Pedersen, Dänischer Weltklasse-Triathlet,
hatte sich bereit erklärt, die Versorgung der LäuferInnen mit
Elektrolythen, Kohlehydraten und Eiweißen sicher zu stellen. Sein
Sponsor JUICELL hatte die nötigen Mengen an Flüssignahrung beigesteuert.
Von seiner Erfahrung konnte Conny profitieren und ihren Energie- und Flüssigkeitshaushalt
in die Waage bringen. Aisha Nielsen, selbst eine der besten Triathletinnen
Dänemarks hatte sich für die Massage der Teilnehmer zur Verfügung
gestellt. Normalerweise begleitet sie die Dänischen Teams zu Ultra-
oder Triathlon-Meisterschaften. Jetzt half sie Conny mit einem Tipp zur
Ernährung und besorgte gleich die nötige Babynahrung (Reis-
und Maisbrei, in heißem Wasser angerührt, mit Rosinen) Es wirkte
Wunder.
Letztlich hatte Conny ihr Ziel, pro Tag im Schnitt 100 Kilometer zu schaffen,
erreicht. Eine nette Siegerehrung, bei der sie gleich zwei Trophäen
für den dritten Gesamtrang und als beste Frau in Empfang nehmen durfte,
war der würdige Abschluss für eine Veranstaltung, bei der man
den berühmt-berüchtigten Geist der Ultras erleben durfte. Trotz
teilweise sehr enger Abstände, wurde immer fair gekämpft und
man half sich gegenseitig über die Runden. Ein Barbecue mit allen
Teilnehmern zum Abschluss rundete die Tage in Kopenhagen ab. Beim Abschied
war man sicher, neue Freunde gewonnen zu haben. Wo immer wir uns wieder
sehen werden die 6 Tage von Kopenhagen werden uns verbinden.
Alle Ergebnisse, auch die Tagesresultate gibt es unter www.worldrun.org/6-day/daily.htm
Siegfried Bullig
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